Für K+S auf vier verschiedenen Kontinenten
Die Laufbahn von Gerrit Gödecke bei K+S beginnt im April 2006 in der damaligen Zentrallogistik in Kassel. Zuvor studierte er Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Nordakademie in Schleswig-Holstein und sammelte einige Jahre Berufserfahrung im Großhandel, ergänzt durch einen MBA-Studiengang in Barcelona. „Obwohl es mir wichtig war, für ein international tätiges Unternehmen zu arbeiten, habe ich nicht unbedingt geplant, ins Ausland zu gehen“, sagt der 45-jährige rückblickend. Als er 2007 in die Unternehmensentwicklung (Corporate Development) wechselt, nimmt seine Karriere Fahrt auf. Er arbeitet an verschiedenen Projekten, mit denen K+S die Rohstoffbasis erweitern will. Erst ein Jahr zuvor hatte K+S das südamerikanische Unternehmen SPL übernommen und stieß damit im Salzgeschäft als Produzent in neue Dimensionen vor.
Erste Auslandsstation: Argentinien
Auch im Kaligeschäft wurde seinerzeit nach Expansionsmöglichkeiten in dieser Region gesucht. Zum Beispiel im Rahmen des Projekts „Gaucho“. Es handelte sich dabei um eine Kalilagerstätte in Argentinien, an der K+S die Rechte übernahm. Das Projektgebiet lag in der argentinischen Provinz Neuquén, im Westen des Landes. Gödecke sollte das Projekt vor Ort vorantreiben und untersuchen, ob sich daraus für K+S eine neue Produktionsstätte für Kalidüngemittel entwickeln ließe. Im Jahr 2008 bezieht er ein Büro in Buenos Aires, in den Räumlichkeiten der damaligen Tochtergesellschaft fertiva, die zu dieser Zeit Stickstoffdüngemittel für K+S in Südamerika vertreibt.
„Der Schritt von Kassel nach Buenos Aires war für mich zunächst groß. Trotz meines Studiums in Barcelona war mein Spanisch nicht besonders gut und im Alltagsleben kommt man in Argentinien mit Englisch nicht sehr weit“, erinnert sich Gödecke. Zunächst war er dort auf sich allein gestellt. Hinzu kamen kulturelle Unterschiede im Geschäftsleben. „Ich habe schnell gelernt, Dinge nicht – wie in Deutschland üblich – direkt anzusprechen, das geht in Argentinien gar nicht. Man muss indirekter kommunizieren und geschäftliche Beziehungen geduldig aufbauen und pflegen.“
Nach wenigen Jahren stellte sich heraus, dass Gaucho für K+S nicht wirtschaftlich zu realisieren ist. So brach Gödecke im Jahr 2012 in Argentinien die Zelte ab. „Dennoch war es eine sehr spannende und lehrreiche Zeit, aus der ich rückblickend viele Erfahrungen für mein weiteres Berufsleben sammeln konnte.“
Nächster Stopp: USA
Weiter geht es für ihn in die USA nach Chicago in die damalige Geschäftseinheit Salz, in der alle weltweiten Salzaktivitäten von K+S zentral gesteuert wurden. Hier sollte er die Salzstrategie weiter entwickeln und weltweit nach neuen aussichtsreichen Greenfield-Projekten Ausschau halten. „Chicago hat mir und meiner Familie sehr gut gefallen. Dennoch war ich zu Beginn der Zeit überrascht über die kulturellen Unterschiede. Obwohl man in Deutschland mit einer gewissen Nähe zu Amerika aufwächst, ist es dann doch nochmal eine andere Geschichte, dort tatsächlich zu leben und zu arbeiten“, gibt Gödecke zu bedenken.
Erfolgsfaktor Familie
Um als Expatriat glücklich zu sein, muss die Familie mitziehen und ebenfalls Neues entdecken wollen. Dies ist bei Gödeckes der Fall. Ehefrau Rona hat argentinisch-schweizerische Wurzeln, die beiden lernen sich beim Studium in Barcelona kennen. Ihre Kinder Zoe (13) und Dag (10) haben in jungen Jahren bereits mehr von der Welt gesehen als andere in ihrem ganzen Leben. Zu Hause sprechen die Gödeckes Englisch, die Kids können aber auch ein wenig Deutsch und Spanisch. „Jeder Umzug in ein neues Land ist schwierig und ein großer Schritt für alle in der Familie. Ich bin viel am Arbeiten und die Familie muss zuhause erstmal allein zurechtkommen und alles aufbauen.
Auf nach Australien
Im Jahre 2015 eröffnet sich für K+S die Möglichkeit, im Westen von Australien eine Lizenz für ein Solarsalzprojekt zu erwerben. Der Geschäftsbereich Salz suchte zu dieser Zeit im Rahmen der „Salz 2020-Strategie“ gerade nach Wachstumschancen in der Region Asien-Pazifik. Mit Ashburton Salt, so der spätere Projektname, soll Meersalz produziert und an die chemische Industrie nach Asien geliefert werden. Gödecke sieht darin auch eine neue persönliche Chance. In einem internen Auswahlverfahren setzt er sich durch und wird Geschäftsführer der K+S Salt Australia in Perth im südwestlichen Zipfel von Australien. Er soll das Ashburton-Salt-Projekt, dessen Gebiet nochmal rund zwei Flugstunden nördlich von Perth an der Küste liegt, vorantreiben. „Zunächst musste ich in Perth ein Büro finden. Danach eine geeignete lokale Agentur und Berater, die mir halfen, politische Kontakte zu knüpfen und die Genehmigungsverfahren voranzubringen.“
Positiver Start in Australien
Öffentlich verkündet wurde der Projektstart am 25. Mai 2016 per Pressemitteilung und mehreren Mediengesprächen in Perth mit dem damaligen Salz-Vorstand Mark Roberts und Gerrit Gödecke. „Unser Vorhaben kam damals gut an. Australien ist reich an Rohstoffen und die Einwohner sind dem Bergbau grundsätzlich wohlgesonnen. Bei Ashburton Salt sah man gleich die Chancen für neue Jobs und Wertschöpfung in einer sehr dünn besiedelten Region“, beschreibt Gödecke die Situation zu Beginn.
Etwas später vergrößert sich das K+S-Team vor Ort: Tobias Thönelt, damals noch im Werk Neuhof-Ellers beschäftigt, wechselt ebenfalls nach Perth und bringt geologisches Fachwissen und jahrelange Erfahrung im Bereich Umwelt und Genehmigungen mit, das für den weiteren Projektverlauf unabdingbar ist. „Mit Tobias hat das Projekt nochmal an Geschwindigkeit zugelegt. Wir ergänzen uns prima: Er, der Geologe und ich, der Kaufmann.“
Ein Selbstläufer war und ist Ashburton Salt aber keineswegs. Das Projektgebiet, in dem später einmal die riesigen Verdunstungsbecken und die Anlagen stehen sollen, liegt an der Küste in der Nähe des Golfs von Exmouth. Dieser ist reich an Tierwelt und Pflanzen sowie ein beliebtes Urlaubsgebiet für Touristen aus dem In- und Ausland. Von Beginn an muss Gödecke sehr sensibel in Bezug auf Umwelthemen agieren und die lokale Bevölkerung stets transparent informieren. „Wir besuchen alle zwei bis drei Monate die Anwohner im Großraum Onslow/Exmouth und halten sie über den Projektfortschritt auf dem Laufenden. Das kostet zwar Geld und vor allem Zeit, kommt aber vor Ort sehr gut an und schafft Vertrauen. Ein solches Projekt braucht die Unterstützung der Anwohner, das war uns von Anfang an klar.“
Ein Selbstläufer war und ist Ashburton Salt aber keineswegs. Das Projektgebiet, in dem später einmal die riesigen Verdunstungsbecken und die Anlagen stehen sollen, liegt an der Küste in der Nähe des Golfs von Exmouth. Dieser ist reich an Tierwelt und Pflanzen sowie ein beliebtes Urlaubsgebiet für Touristen aus dem In- und Ausland. Von Beginn an muss Gödecke sehr sensibel in Bezug auf Umwelthemen agieren und die lokale Bevölkerung stets transparent informieren. „Wir besuchen alle zwei bis drei Monate die Anwohner im Großraum Onslow/Exmouth und halten sie über den Projektfortschritt auf dem Laufenden. Das kostet zwar Geld und vor allem Zeit, kommt aber vor Ort sehr gut an und schafft Vertrauen. Ein solches Projekt braucht die Unterstützung der Anwohner, das war uns von Anfang an klar.“
Auch durch eine eigene Website wird die Öffentlichkeit stets transparent über den Fortgang des Projekts informiert. Durch das ebenfalls gute Verhältnis zu Behörden und lokaler Politik kommen auch die Genehmigungsverfahren voran. „Wir sind derzeit auf der Zielgeraden: Bis Ende dieses Jahres erwarten wir die umwelt- und bergrechtlichen Genehmigungen und das Ergebnis der Machbarkeitsstudie. Dann kann entschieden werden, wie es weitergehen soll.“
Wenn Gerrit nicht arbeitet, dann ...
... engagiert er sich mit seiner Familie in Perth ehrenamtlich als Aufsichtsratsvorsitzender der Internationalen Schule von Westaustralien, die auch seine beiden Kinder besuchen. Hier ist er mitverantwortlich für die Strategie und finanzielle Ausstattung des gemeinnützigen Unternehmens mit 60 Mitarbeitern.
„Mittlerweile haben wir in Perth viele Freunde gewonnen. Hier ist es viel leichter, Bekanntschaften zu knüpfen, als in Chicago oder Buenos Aires. Durch die Dominanz der Rohstoffindustrie gibt es viele Menschen aus aller Welt, die hier zusammentreffen. Als Stadt ist Perth sehr isoliert.“ Die erste Frage sei dann stets: „Where are you from?“. Die nächste Großstadt ist vier Stunden mit dem Flugzeug entfernt. „Das schweißt die Einwohner ein Stück weit zusammen.“
Für Hobbies bleibt ihm kaum Zeit. „Mein Hauptjob in der Freizeit ist es, meine Kinder zu ihren Freizeit- und Schulaktivitäten zufahren“, sagt er mit einem Grinsen im Gesicht. Durch die vielen Auslandsaufenthalte interessiert sich Gödecke mittlerweile für Weine. Zu diesem kulinarischen Hobby wurde er bereits vom berühmten westaustralischen Weinjournalisten Ray Jordan von der Zeitung „The West Australian“ portraitiert. Zum Entspannen treibt er Sport, liest und genießt die Sonnenuntergänge am Strand.
Die Zukunft bleibt offen
Wie es für ihn weitergeht, steht noch in den Sternen: „Um ehrlich zu sein: Ich habe noch keinen Plan. Alle meine Karriereschritte waren eher ungeplant. Sie haben sich meist spontan als Chance aufgetan“, so Gödecke.
Den Kontakt zum K+S-Headquarter hält Gödecke durch ein bis zwei Aufenthalte pro Jahr in Kassel. Dies sei sehr wichtig, um sein Netzwerk im Unternehmen zu pflegen und auf dem Laufenden zu bleiben. „Als Expat ist man, insbesondere in Australien, sehr weit weg. Man muss sich bemühen, nicht in Vergessenheit zu geraten.“
Dass K+S derzeit im Zuge des Verkaufs der Operativen Einheit Americas die internationale Expansion wieder ein Stück weit zurückdreht sieht Gödecke entspannt. „Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mittelfristig wieder wachsen werden“.