Immer unter Strom
Im ersten Jahr des Ukrainekriegs wurde viel über das Risiko einer Erdgasmangellage und die Gefahr von flächendeckenden Blackouts diskutiert. Der Ernstfall ist in Deutschland zwar nicht eingetreten, trotzdem machte die unsichere Lage eines deutlich: Es ist für K+S ratsam, sich nicht nur auf die öffentliche Versorgung zu verlassen, sondern sich für Ausnahmesituationen vorzubereiten.
So wurden mehrere Maßnahmen geprüft und umgesetzt, um zum Beispiel im Fall einer Gasmangellage mit den damit verbundenen Auswirkungen umgehen zu können. Ein Baustein ist die Installation leistungsstarker Notstromaggregate, die bei einem plötzlichen Stromausfall unmittelbar die Versorgung eines Werks übernehmen.
Ständig auf Stand-by: Dieses Notstromaggregat steht am Standort Merkers des Werks Werra und übernimmt bei einem Blackout unmittelbar die Stromversorgung der Standorte Merkers und Unterbreizbach.
„Diese Aggregate sind immer im Stand-by und können jederzeit hochgefahren werden, wenn sie gebraucht werden“, sagt Projektleiter Alexander Röll aus dem Bereich Elektrotechnik der Zentraleinheit Technik über Tage und Energietechnik. Es handelt sich um Anlagen mit soliden Motoren und langlebiger Technik mit einer Lebenserwartung von bis zu 40 Jahren. „Das ist eine nachhaltige Investition in die Sicherheit unserer Mitarbeiter und unserer Anlagen“, sagt Röll. Er freut sich, dass die Anlagen nach längerer Vorbereitungszeit derzeit an allen Standorten angeliefert und installiert werden: „Die mächtigen Aggregate sind jetzt überall zu sehen, und die Transporte sind wirklich gigantisch.“
Vier Aggregate für das Werk Werra
„Wir sind gerade in der heißen Phase der Anlieferung und Installation“, sagt Matthias Lückert, Leiter Energietechnik am Werk Werra. Das erste von vier Aggregaten wurde bereits Ende Mai geliefert und installiert und steht nun am Standort Merkers. Dort wird es bei einem Blackout die Standorte Merkers und Unterbreizbach mit Strom versorgen.
Herausforderung bei der Anlieferung: Weil eine niedrige Bahnbrücke die Zufahrtstraße zum Standort Merkers überquert, musste der Container mit dem Notstromaggregat für die letzte Etappe seiner Anlieferung auf einen speziellen Tieflader umgehoben werden.
Ein Schwerlasttransporter hat das 65 Tonnen schwere Mittelteil des Notstromaggregates geliefert, das auf der Baustelle mithilfe von mobilen Schwerlastkranen zu einem riesigen Container montiert wird. Der beeindruckende Biturbo-Dieselmotor hat 16 Zylinder, 255 Liter Hubraum und produziert eine Leistung von mehr als 5000 PS bzw. 4,45 Megavoltampere (MVA). Dafür verbraucht er allerdings auch 870 Liter Kraftstoff in der Stunde, wobei ein Dauerbetrieb am Werk Werra ohnehin nicht vorgesehen ist.
Ende Juni wurde ein weiteres Aggregat an den Standort Wintershall geliefert. Für die Fabrik Hattorf sind gleich zwei Anlagen dieser Größe vorgesehen, die Anfang Juli und im Laufe des zweiten Halbjahrs installiert werden. „So können wir im Falle eines Stromausfalls die Fabriken geordnet abfahren und spülen, die Evakuierung der Gruben gewährleisten und auch die Wasserhaltung jederzeit sicherstellen“, erklärt Lückert. Insbesondere der Haldenbetrieb erfordere zur Handhabung der anfallenden Haldenwässer eine zuverlässige Stromversorgung.
Notstromzentrale in Zielitz senkt die Stromkosten
Am Werk Zielitz entsteht gerade eine der wohl größten Notstromzentralen ihrer Art mit gleich drei Aggregaten. Sie weisen eine beeindruckende Gesamtleistung von 9 MVA auf und können sowohl mit Diesel als auch mit Erdgas betrieben werden. „Das bietet dem Werk eine flexible und zuverlässige Energieversorgung“, erklärt Ingo Nieke, Leiter Kraftwerk am Werk Zielitz.
Neben der Stromversorgung im Notfall werden die neuen Aggregate in Zielitz noch weitere entscheidende Aufgaben übernehmen. So ermöglichen sie, den Strombezug aus dem öffentlichen Netz zu senken, vor allem in Zeiten hoher Energienachfrage. „Das bedeutet, dass das Werk weniger Strom von externen Anbietern kaufen muss, was nicht nur Kosten spart, sondern auch das öffentliche Netz entlastet“, sagt Nieke.
Absicherung für die Sprengstofffabrik: Bei der MSW-Chemie in Langelsheim wird derzeit das Notstromaggregat direkt neben dem Verwaltungsgebäude installiert. Der Schornstein ragt weit sichtbar aus dem Container empor.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bereitstellung von Regelenergie. Durch die wechselhafte Einspeisung von erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarstrom kommt es häufig zu Spannungsschwankungen im Netz. Die Notstromaggregate können in solchen Fällen einspringen und zusätzlich benötigte Energie liefern, um das Netz zu stabilisieren. Diese Dienstleistung wird als Regelenergie bezeichnet, wofür K+S eine Vergütung von den Netzbetreibern erhält.
Nieke: „Unterm Strich ist der Standort mithilfe der Notstromzentrale gut gerüstet, um auf verschiedene Szenarien flexibel und effizient zu reagieren und gleichzeitig zur Stabilität und Zuverlässigkeit unserer Energieversorgung beizutragen. Dadurch sichern wir nicht nur den eigenen Betrieb, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des gesamten Stromnetzes.“
Weitere Werke bereits aufgerüstet
Auch dem Werk Neuhof-Ellers wurde im Juni ein großes Notstromaggregat geliefert. Drei weitere Standorte der K+S werden ebenfalls aufgerüstet: die Werke Bad Salzdetfurth und Bergmannssegen-Hugo sowie die Sprengstofffabrik der MSW-Chemie in Langelsheim. Hinzu kommen noch mehrere kleine Aggregate, die teilweise mobil sind, um die Standorte Siegfried-Giesen, Niedersachsen-Riedel und Salzdetfurth der Einheit Inaktive Werke abzusichern, erläutert Projektleiter Röll: „Zusammen mit weiteren Maßnahmen ist somit sichergestellt, dass die K+S-Standorte künftig auch im Notfall sozusagen immer unter Strom stehen.“