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Kevin Nisius: Vom Tiefpunkt zum Vorbild

Kassel, 03.12.2024 
Ein Abend, der alles veränderte und ein beeindruckender Weg zurück ins Leben: Nach einem tragischen Freizeitunfall ist Kevin Nisius vom K+S-Standort Borth vom Hals abwärts gelähmt. Doch er kämpfte sich zurück - mit Hilfe seiner Familie, seiner Freunde und eines Arbeitgebers, der an ihn glaubt. Heute ist er ein wundervolles Beispiel dafür, wie man sich trotz Handicaps beruflich integrieren und voller Lebensmut sein kann.

Der Tag, der alles veränderte

Der 14. Juni 2013 begann als unbeschwerter Tag im Leben des damals 22-jährigen Kevin Nisius. Mit seinem Fußballverein SV Menzelen fuhr er zum Saisonabschluss in den Center-Park Zandvoort. Der Abend dort war ausgelassen, voller Spaß und Freude - bis aus einem Moment jugendlichen Leichtsinns ein Drama wurde. Als die Jungs am kleinen See vor den Mannschaftsbungalows grillten, fingen einige von ihnen an zu raufen. Kevin landete kopfüber im Wasser. Das Gewässer war aber nur 30 cm tief. „Nach dem Aufprall fühlte es sich an, als würden Blitze in meinem Kopf zucken", erzählt er rückblickend. Er wollte sich bewegen, aber nichts ging mehr. Die Folgen: Drei gebrochene Halswirbel, ein beschädigtes Rückenmark und eine Querschnittslähmung vom Hals abwärts.  

Kevin Nisius wurde sofort in eine Amsterdamer Klinik gebracht. Nach einer komplizierten Operation folgte die schwere Zeit auf der Intensivstation mit eigenem Pfleger. Dann wurde er für weitere sechs Monate in eine Duisburger Klinik nach Duisburg verlegt. Die ersten Wochen waren für Kevin ein Albtraum. An den Unfall selbst kann er sich kaum erinnern, aber die Diagnose traf ihn wie ein Schlag. „Ich dachte immer, ich würde die Klinik laufend verlassen“, erinnert er sich. Obwohl dies bei inkompletten Querschnittlähmungen manchmal möglich ist, hat sich seine Hoffnung auf eine vollständige Genesung trotz intensiver Therapien nicht erfüllt. Stattdessen begann für Kevin ein neuer Weg und er beschloss, ihn voll und ganz anzunehmen.

„Ich bin sehr stolz darauf, dass Kevin bei uns geblieben ist.“
Sebastian Wardemann, Meister Elektrotechnik übertage am K+S-Standort Borth

Dabei war er nie allein. Familie und Freunde unterstützten ihn ebenso wie Mitarbeiter des K+S-Standorts Borth, damals noch esco. Der Besuch von Vorgesetzten und Betriebsrat in der Klinik, der ihm einen unbefristeten Arbeitsvertrag einbrachte, war ein Wendepunkt: „Das war einfach wunderbar. Sie haben an mich geglaubt, als ich selbst nicht wusste, wie es weitergehen sollte.“ Zur mentalen Unterstützung und Aufmunterung besuchten ihn damals jeden Sonntag Kollegen aus Borth. Zu den Menschen, die Kevin Nisius auf seinem Weg zur beruflichen Integration begleitet und sehr unterstützt haben, gehören auch sein Vorgesetzter Sebastian Wardemann und Matthias Hüppe, heute Leiter der Elektrotechnik. Beide besuchten ihn häufig in der Klinik und konnten das anfängliche Wiedererlangen verschiedener Nervenfunktionen miterleben. „Ich bin sehr stolz darauf, dass Kevin bei uns geblieben ist“, sagt Sebastian Wardemann heute.

Zurück ins Berufsleben

2011 hat Kevin Nisius seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei der esco abgeschlossen. Als er 2013 seinen Unfall hatte, hätte man ihn „leicht loswerden können“, wie er sagt, denn sein befristeter Vertrag lief aus. Doch statt ihn aufzugeben, setzte das Unternehmen alles daran, ihn beruflich wieder zu integrieren.  

Sein Vorgesetzter Sebastian Wardemann nahm sich viel Zeit und brachte Kevin Nisius vor seinem Wiedereinstieg bei K+S mehrmals zum Standort, damit sich sowohl er als auch seine alten Kollegen bestmöglich auf die neue Situation einstellen konnten. Zunächst wurde für ihn ein Arbeitsplatz im Pausenraum eingerichtet. Das sollte nur eine Übergangslösung sein, denn sein Arbeitsplatz musste komplett umgebaut werden: Türen wurden verbreitert, eine behindertengerechte Toilette eingebaut und sein Computer erhielt eine spezielle Steuerung per Spracherkennung. Aber es waren nicht nur die technischen Lösungen, die Kevin geholfen haben. Es war die Unterstützung seines Teams und das Vertrauen seiner Vorgesetzten. 

Anfangs wurde Kevin Nisius von einem Mitarbeiter eingearbeitet, der kurz vor der Pensionierung stand. Er sollte dessen Aufgaben wie die Stundenkontierung übernehmen, fühlte sich aber unterfordert. Schnell machte er sich mit dem DVS-System vertraut und übernahm weitere Aufgaben in der Planung. Im Werk wurde ein Mitarbeiter für die Arbeitsvorbereitung gesucht. Doch dafür fehlte ihm die Berufsausbildung. „Wir wollten Kevin nicht nur beschäftigen, sondern ihm einen echten beruflichen Lebensinhalt geben“, sagt Dirk Heinrich, Leiter Produktion und Technik übertage am K+S-Standort Borth. Mit Unterstützung der Agentur für Arbeit und einer Integrationskraft absolvierte Kevin dann erfolgreich eine Weiterbildung zum staatlich geprüften Techniker. Heute arbeitet er in der Arbeitsvorbereitung und ist dort nicht mehr wegzudenken. „Kevin hat sich in kürzester Zeit eingearbeitet und bringt wertvolle Impulse ein“, sagt Heinrich.  

„Wir wollten Kevin nicht nur beschäftigen, sondern ihm einen echten beruflichen Lebensinhalt geben.“
Leiter Produktion und Technik übertage am K+S-Standort Borth

Seine Kollegen schätzen Kevin als humorvollen und offenen Teamplayer. „Ich bin immer noch derselbe Sprücheklopfer wie vor meinem Unfall“, lacht er. Diese Normalität im Umgang miteinander ist ihm besonders wichtig: „Ich wollte nie in Watte gepackt werden.“  

Familie, Ziele und ein Lebensmotto, das Mut macht

Auch außerhalb seines Berufs hat Kevin Nisius seinen Weg gefunden. Seit acht Jahren lebt er mit seiner Partnerin zusammen, die einen Sohn mit in die Beziehung gebracht hat. „Ich bin wie jeder andere Papa auch“, sagt Kevin. Ob Ausflüge in Freizeitparks oder Anfeuern in der Trampolinhalle - trotz körperlicher Einschränkungen meistert er sein Leben aktiv und selbstständig.  

Dennoch erfordert seine Situation Disziplin: Regelmäßige Physiotherapien gehören zum Alltag, morgens unterstützt ihn ein Pflegedienst. Doch abends will Kevin unabhängig sein. „Ich lasse mir von niemandem vorschreiben, wann ich ins Bett gehe“, sagt er schmunzelnd.  

„Man muss die Situation akzeptieren und das Beste daraus machen.“
Kevin Nisius, Arbeitsvorbereiter am K+S-Standort Borth

Sein Lebensmotto spiegelt seine Einstellung wider: „Dat is‘ jetzt wie’s is‘! Man muss die Situation akzeptieren und das Beste daraus machen.“ Dieser Pragmatismus, gepaart mit unerschütterlichem Optimismus, macht Kevin zu einem Vorbild - nicht nur für Menschen mit Behinderung, sondern für uns alle.  

Ausgezeichnet mit dem VdK-Preis

2017 wurde Kevin Nisius als einer von insgesamt acht Preisträgern mit dem VdK-Preis für berufliche Integration ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung werden Menschen geehrt, die trotz einer Schwerbehinderung herausragende Leistungen im Berufsleben erbringen. Der Preis wurde ihm vor rund 100 geladenen Gästen überreicht, darunter auch der Schauspieler Samuel Koch, der in einer „Wetten, dass...“-Sendung verunglückte und ebenfalls querschnittsgelähmt ist.

Kevin Nisius beweist es: Auch aus den schwierigsten Situationen können Chancen entstehen, wenn man die richtigen Menschen an seiner Seite hat und den Willen, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Seine Geschichte ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte, sondern auch eine Inspiration für alle, die vor Herausforderungen stehen. 

Glück auf, Kevin - wir ziehen den Hut vor Dir!  

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